1989
28.4.89
5 Jahre Atelier Sömmering
Cassandro, Gräbner, Hoffmann, Piscitelli
Performance-Soirée
Wenn man ein vierjähriges Jubiläum feiert, kann man natürlich auch das fünfjährige zelebrieren. Wahrscheinlich ging es uns eher um einen brauchbaren Anlass für einen Performanceabend. Die Gelegenheit bot sich, als Amedeo Balestieri die „Neapel-Connection“ mit Giulia Piscitelli und Pasquale Cassandro herstellte. Und worum ging es in ihrer Performance? Natürlich um den Madonnenkult und das Meer und die Liebe. Alles in Blau-Weiß mit der entsprechenden musikalischen Untermalung durch originale Prozessionsmusik. Danach bat ich zu Tisch im wahrsten Sinne des Wortes: ein Tisch und seine Wandlungsmöglichkeiten. Grande Finale mit Rudi: „Ich putze meine Zähne schön!“
19.5. – 28.5.89
o.T.
Martina Erna Maria Wrieden
Malerei
Fluktuation in der Atelierbesetzung. Das sollte mit Martina Erna Maria nicht anders sein. Maler hatten es eben in diesem „Hühnerstall“ schwer. So verlockend das Licht auch war, die Bedingung, alles jederzeit wieder freiräumen zu müssen wenn Projekte anstanden, war schon hart. Sauber arbeiten ist nicht gerade malerfreundlich.
Martina Wriedens Malerei: völlig abstrakt, Teilung der Fläche in zwei unterschiedlich große rechteckige Farbhälften. Darüber fließende Farbe, auch wieder im rechten Winkel zum Bildrand. Acryl.

12.8. – 26.8.89
Die Kunstwundertüte
Bensalem, Blobel, Hoffmann, Jäger, Kästle, Radan-Vision, Radu, Rielinger, Scheid, Vormbusch
Fotos, Malerei, Objekte, Video
Der Blackout–Service von Johanna Maria Farina-Kästle trat bei diesem Projekt als Kunsthandel in Erscheinung. Die Frau von Klaus Kästle hatte das Projekt organisiert, und das Atelier Sömmering war so gesehen reiner Ausstellungsort. Das Konzept bestand darin, Tüten im DinA4-Format mit einer Arbeit eines der obengenannten Künstler geschlossen zu verkaufen: die Katze im Sack. Damit das Publikum eine ungefähre Vorstellung über die Art der Arbeiten hatte, gab es zusätzlich eine Ausstellung mit größeren Werken der Künstler im vergleichbaren Stil. Daneben die zehn mal zehn Arbeiten in der Tüte zu einem erschwinglichen Preis. Mit einigen der Künstler sollten noch andere gemeinsame Projekte folgen.
8.9. – 24.9.89
o.T. (im Rahmen von TATA WEST 89)
Mathieu Knippenbergh
Skulpturen und Zeichnungen
„In einem von Vorbildern geprägten Kulturbetrieb sind Arbeiten von einem unverwechselbar eigenen Künstlercharakter selten geworden. Die Skulpturen des Niederländers Mathieu Knippenbergh, ausgestellt im Ehrenfelder Atelier Sömmering, tragen ganz zweifellos eine solch eigene Erfahrungsqualität. Das behutsame Interesse für die einfache, erdhafte Grundlage des Lebens erweist sich darin als bestimmend. Die Materialien sind billig und naturverbunden: Jute, Kordel, Teer, rostiges Eisen, Sand und Knochen. Die plastische Bearbeitung ist materialverbunden und handfest: es wird geknetet, geknotet, geschweißt, gewickelt. Es entstehen Skulpturen, die gleichermaßen spitzfindig wie rätselhaft, phantasieverschlungen wie schlicht erscheinen.“ (Jürgen Kisters im KStA vom 13.10.89)

20.10. – 5.11.89
o.T.
Ingo Gräbner
Fotoplastiken
Auszug aus dem KStA vom 9.11.89 (Enno Stahl): „Ingo Gräbners ‚Fotoplastiken‘ im Atelier Sömmering verwenden Fotografien in skulpturaler Manier,
d.h. Gräbner verbindet das zweidimensionale Foto mit Raumkörpern. Er beabsichtigt damit, die Raum/Illusion, welche ein Foto notwendig vorgibt, deutlich zu machen. Dabei passt er teils das Foto dem Gegenstand an (so im Falle eines Schwungrads, in dessen Speichen farbige Fotodreiecke gefächert sind), teils konzipiert er den Raumkörper auf das Foto hin (so bei drei Stelen, an deren vier Seiten die Reproduktionen eines Torsos appliziert sind, gleichfalls aus vier Perspektive gesehen) – das Ganze 1:1, in Menschengröße...“
18.11. – 26.11.89
Kunsttempel
Brand/Thom, Gräbner, Kästle, Menzel, Motjér, Rodenkirchen, Ullrich
Living Environment
Aus der Konzeption (Gräbner): „Künstler handeln wie Priester in einem Weiheraum für das absolut Schöne vor einem roten Farbwasserfall aus drei Metern Höhe, zu dem eine goldene Treppe führt. Der Boden ist mit Herbstlaub bedeckt, das auf die Vergänglichkeit allen Lebens hinweist. In der Eingangshalle sind über 60 Kunstereignisse mit über 60 beteiligten Künstlern als Inschriften an den Wänden angebracht. In der Mitte des Raumes befindet sich eine drei Meter hohe Säule, die an die Kaaba in Mekka erinnert. An ihrer Oberseite ist ein Monitor mit der Mattscheibe zur Decke ausgerichtet angebracht. über einen Spiegel werden Auszüge aus über dreißig Performances gezeigt. Zwischen Eingangshalle und Weiheraum befindet sich eine kleine Galerie mit ca. 30 Miniaturen der acht Künstler.

3.12. - 14.12.89
o.T.
Eichhorn, Hecker, Hoffmann, Motjér, Piontek
Schmuck, Objekte
Auch das gab‘s in den ‚Heiligen Hallen‘: eine Verkaufsausstellung in der vorweihnachtlichen Zeit. Aber irgendwoher muss der Lebensunterhalt ja kommen, und warum sollten nicht schöne ungewöhnliche Dinge den Gabentisch bereichern? Wie wäre es zum Beispiel mit fein zisilierten Gläsern von Ulrich Eichhorn? Eine portable Kleinskulptur von Rudolf Hoffmann fordert jeden Blick ans Revers heraus. Der Schmuck von Katrin Hecker, einfach eine Augenweide! Maria Motjérs witzige poppige Schmuckobjekte ließen manche Besucherin schwach werden.
22.12.89
Alle Jahre nieder
Eichhorn, Gräbner, Hoffmann, Radan, u.a.
Performance-Soirée
Unvergesslich Radan als lebender Weihnachtsbaum – Konkurrenz für unsere jedes Jahr neu begrünte Fichte von 1984. Dann ein hässliches Verlies, in dem ich als Gefangener schmachtete. Unter dem gigantischen Neonkreuz ein Strip von Uli Eichhorn.
Aus der Pressemitteilung: „Mit diesem leicht blasphemischen Abend wird eine langjährige Tradition des Ateliers fortgesetzt und erneuter Versuch unternommen, dem christlichen Ursprung unseres ästhetischen Handelns eine neue Dimension abzugewinnen. Die Mischung aus Installation, Environment, Performance-Elementen und Happeningcharakter zielt auf die Schaffung einer intimen Atmosphäre, in der distanzierte Betrachter zu persönlich Beteiligten werden.“
