1996

1.3. – 21.3.96

Bewegtes Licht

Ingo Gräbner, Björn Schülke

Videoinstallation, Zoetrope, Videos

So schnell kann’s gehen: kaum war er als Preisträger bei „Quantität statt Qualität!“ gekürt worden, schon realisierte Björn Schülke mit mir ein gemeinsames Ausstellungsprojekt. Der Titel „Bewegtes Licht“ macht die Verbindung zum Filmprojekt „Lichtblitze“ ein halbes Jahr vorher deutlich. Wie bereits erklärt sind Schülkes Zoetrope Vorformen des Films. Als Einladung fungierte konsequenter Weise ein Zoetrop als Bausatz. Ein sich öffnendes und wieder schließendes Auge als Folge von Schwarzweißfotos auf einem Kartonstreifen. Man schneide Schlitze zwischen alle Fotos, klebe die Enden zu einem Zylinder zusammen, stelle ihn auf einen rotierenden Plattenteller und schaue durch die vorbeifliegenden Schlitze. Fertig ist das Zoetrop. In der Ausstellung gab es natürlich aufwändige, raffiniert gebaute Großmodelle mit überraschenden Wirkungen. Meine Videoinstallation mit zwei gegenüberstehenden Monitoren, auf denen sich zwei Augenpaare scheinbar anschauen, ergänzte das Projekt.

16.9. – 10.10.96

Feierabend

Oliver Rausch

Fotografie

Mit zweiundzwanzig Gewinner des Ehrenfelder Kunstpreises, mittlerweile Absolvent der Royal Academy of Fine Arts in Amsterdam und jetzt die erste Einzelausstellung im Atelier Sömmering. Die fotografischen Serien von Oliver Rausch stehen in einem Spannungsverhältnis von dokumentarischer und inszenierter Fotografie. Dies geschieht durch die Gegenüberstellung von Psycho-Inszenierungen mit Dokumentationen der Berufswelt oder durch die Integration verborgener Wünsche in scheinbar belanglosen Privatsphären. SM, Wahnsinn oder Extremsituationen schaffen dabei bewusst Irritationen. Die unterkühlte Erotik vieler Szenen spiegelt sich in den meisten Arbeiten. Eine minutiös durchgestaltete Schwarzweiß-Ästhetik baut Vexierbilder aus Romantik und Ironie auf.

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9.11. – 9.12.96

Bilder auf Zeit

Ingo Gräbner

Lichtinstallation

Das Projekt setzte die Konzeption des Ateliers als Ort für kommunikative visuelle Prozesse fort. Der Begriffsrahmen: Licht – Sehen – Veränderung – Verschwinden – Erinnern – Vergessen. Licht als die Substanz, auf der sämtliche visuelle Prozesse basieren, wurde hier zum Gestaltungsfaktor der gezeigten Arbeiten während des Ausstellungszeitraums. Während der Vernissage enthüllte ich die nicht fixierten Schwarzweiß-Arbeiten: Fotografien, die sich auch inhaltlich mit Zeit auseinandersetzten. Sei es durch eingefrorene Momente der Bewegung, durch Sujets wie Friedhof und Tod oder durch die Vergänglichkeit menschlicher Gefühle. Bereits während der Vernissage verfärbten sich die Arbeiten, indem das Weiß der Fotos in leichtes Magenta überging. Bei der Finissage hatte sich das Magenta zu einem beruhigenden Graublau gewandelt. Natürlich kommt der Tag, an dem selbst das verschwunden sein wird.

14.12.96

Chambres Séparées

Braden, Buchwald, Diderich, Flick, Gräbner, Grauß, Hirsch, Hoffmann, Kalkreuter,
Münz, Pütz, Shy, Villalobos u.a.

Kontakthappening

Das Atelier funktionierte wie eine Arztpraxis: der Eingangsraum als Anmelde- und Wartezimmer, in den beiden Räumen dahinter neun Behandlungskabinen. Die „Patienten“, die kamen, füllten zunächst einen Fragebogen zu eher psychiatrisch orientierten Themen aus; die K.T.A.s („Künstlerisch-Technische-Assistenten“) riefen die zu Behandelnden nacheinander auf und wiesen sie ihrem Zustand entsprechend einer bestimmten Behandlungskabine zu. Dort gab es Behandlungen unterschiedlicher Art. Schamanische Beschwörung (Pütz), romantische Verklärung (Villalobos), Biertrinken und Armdrücken (Flick), globale Orientierung (Braden), Esoterische Energieaufladung (Grauß), Selbstbewusstseinstraining (Hoffmann), Erotische Pressur in Handschellen (Shy), Videountersuchung (Gräbner) oder Narzistischer Anschauungsunterricht (Diderich). Manche waren in vier verschiedenen Therapien, niemandem gelang es, alle neun Behandlungsformen wahrzunehmen. Die Gerüchteküche im Warteraum kochte hoch.

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